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Besteuerung der Übertragung von Einzweck-Gutscheinen nach Inkrafttreten der Gutschein-Richtlinie

BFH-Beschluss vom 25. Juni 2025 – XI R 14/24 (XI R 21/21)

Rechtsgrundlagen:
EGRL 112/2006 Art. 30a Nr. 2, Art. 30b Abs. 1, Art. 30b Abs. 2 Unterabs. 1;
UStG § 3 Abs. 13, § 3 Abs. 14 S. 1 und 2, § 3a Abs. 2 S. 1, § 3a Abs. 5 S. 1 Nr. 1, § 3a Abs. 5 S. 2 Nr. 3, § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a S. 4;
AEUV Art. 267; FGO § 118 Abs. 2; EURL 2016/1065; UStAusfVerm/StRÄndG Art. 9 Nr. 2 Buchst. b


Kurzüberblick

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 25. Juni 2025 entschieden, dass die Einstufung eines Gutscheins als Einzweck- oder Mehrzweck-Gutschein nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt seiner Ausstellung zu beurteilen ist (§ 3 Abs. 14 Satz 1 UStG). Dabei spielt es keine Rolle, ob ein Gutschein nach seiner Ausgabe zwischen in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmern übertragen werden kann.

Neuer Sachvortrag im Revisionsverfahren bleibt grundsätzlich unzulässig (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 27.11.2019 – XI R 35/17, und vom 18.11.2021 – V R 38/19).


Der Streitfall

Eine Steuerpflichtige vertrieb über ihren Online-Shop Gutscheincodes zum Aufladen von Nutzerkonten im X-Netzwerk, einem elektronischen Portal für digitale Inhalte. Die Gutscheine wurden an Endverbraucher mit deutschem Nutzerkonto (Länderkennung DE) verkauft. Die Codes selbst hatte die Steuerpflichtige zuvor von Zwischenhändlern aus anderen EU-Mitgliedstaaten erworben.

X ging bei der Ausgabe der Codes davon aus, dass es sich um Einzweck-Gutscheine handelt. Die Steuerpflichtige hingegen erfasste die Umsätze nicht in ihren Umsatzsteuererklärungen, da sie der Meinung war, dass aufgrund des grenzüberschreitenden Vertriebs Mehrzweck-Gutscheine vorlägen.

Sowohl Einspruch als auch Klage blieben erfolglos. Im Jahr 2022 legte der BFH die Frage dem EuGH zur Entscheidung vor (Beschluss vom 3.11.2022 – XI R 21/21).


Das EuGH-Urteil (C-68/23 vom 18.4.2024)

Der EuGH stellte klar, dass es für die Einstufung als Einzweck-Gutschein allein darauf ankommt, ob zum Zeitpunkt der Ausstellung der Ort der Leistung an den Endverbraucher feststeht.
Ob der Gutschein vor der Einlösung über Zwischenhändler weiterverkauft wird, die in anderen Mitgliedstaaten ansässig sind, ist nicht relevant. Ebenso unerheblich ist, dass einzelne Endverbraucher Gutscheine möglicherweise entgegen den Nutzungsbedingungen von X in anderen Ländern einlösen könnten.


Die Entscheidung des BFH

Der BFH hat diese Vorgaben des EuGH in seinem Beschluss vom 25. Juni 2025 umgesetzt.
Da laut Feststellungen des Finanzgerichts nur in Deutschland ansässige Endverbraucher die Gutscheine einlösen konnten, stand der Ort der Leistung in Deutschland fest.
Da über die Gutscheine ausschließlich digitale Inhalte zum Regelsteuersatz abgerufen werden konnten, handelte es sich um Einzweck-Gutscheine.
Deren Übertragung unterliegt somit der Umsatzsteuer.

Die von X ursprünglich vorgenommene Einstufung als Einzweck-Gutscheine war daher zutreffend. Entscheidend ist, dass die Besteuerung von Gutscheinen unabhängig vom Vertriebsweg erfolgt – egal, ob der Erwerb direkt beim ausgebenden Unternehmer oder über Zwischenhändler stattfindet.


Hinweis zur Übergangsregelung

Die Entscheidung betrifft Gutscheine, die nach dem 31. Dezember 2018 ausgegeben wurden.
Für Gutscheine, die vor dem 1. Januar 2019 ausgegeben wurden, hatte der BFH bereits mit Beschluss vom 29.11.2022 (XI R 11/21, BStBl. II 2023, 424) entschieden, dass bei deren Übertragung eine Steuerentstehung eintrat.
Diese Codes wurden damals wie Waren gehandelt, und zusätzlich griff die Anzahlungsbesteuerung.

Fazit:
Trotz der Neuregelungen unterscheiden sich die praktischen Ergebnisse nach alter und neuer Rechtslage kaum. Die aktuelle Entscheidung schafft nun endgültige Klarheit über die umsatzsteuerliche Behandlung von Einzweck-Gutscheinen im grenzüberschreitenden Onlinehandel.